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Allgemein Legasthenie

Verein "Anders lesen und lernen" startet Initiative in Deutschland

Wir wollen Blinden, Legasthenikern und Analphabeten etwas bieten, was ihnen allen hilft (Margita Gürtler Verein „Anders lesen und lernen“ Ritter Kunibert
Als Vorbild dient eine Organisation aus den Vereinigten Staaten von Amerika: Recording for the Blind & Dyslexic (RFB&D) Learning through Listening.
Die Organisation „Recording for the Blind“ gibt es seit 1948. Zunächst wurden Lehr-Hörbücher für Kriegsblinde produziert. Später erkannte man, dass alle Zugang zur gedruckten Welt haben sollten, und der Adressatenkreis wurde ausgeweitet auf Legastheniker und andere mit einer dokumentierten Leseschwäche; die Organisation heißt seither „Reporting for the Blind & Dyslexic“. In den vergangenen 50 Jahren ist RFB&D enorm gewachsen. Heute gibt es 30 RFB&D-Tonstudios und eine Bibliothek mit mehr als 90.000 Titeln. Es sind nahezu ausschließlich Lehrbücher. Der Grundstock wurde gelegt von Schülern und Studenten, die ein bestimmtes Lehrbuch im Unterricht bzw. im Studium brauchten. Dieser Dienst wird immer noch angeboten; allerdings ist der Grundstock schon so groß, dass die Wünsche meist aus der Bibliothek erfüllt werden können. Außerdem wird das Angebot ständig aktualisiert.
Sicher kann dieses Beispiel nicht 1:1 auf Deutschland übertragen werden. Bei uns wäre es ja schon eine Hilfe, wenn wir die Selbstverständlichkeit übernehmen könnten, mit der bei RFB&D Blinde und Legastheniker bedacht werden. Viel gewonnen wäre auch, wenn man hier ohne Scham von seiner Leseschwäche reden könnte (jeweils dasselbe für Analphabeten wünschten wir uns dann noch dazu). Aber warum nicht mehr? Warum nicht auch hierzulande vergleichbare Hörbuch-Angebote machen? Die Ansätze sind da.
Die Hörbüchereien für Blinde, die auch produzieren, sind da. Auch eine Universitätsbücherei für blinde oder sehbehinderte Studenten gibt es an der FernUniversität Hagen. Und dann die Angebote der kommerziellen Hörbuchverlage. Auf Legastheniker in Schule und Ausbildung sind diese Angebote nicht ausgerichtet. Auch nicht auf „Analphabeten“. Noch nicht.
Mit dem neuen Urheberrecht ist ein großes Hindernis auf dem Weg zum Hörbuch für Legastheniker und Analphabeten entfallen. Verhandlungen von Blindenhörbüchereien, die auch Hörbuchproduzenten sind, mit der VG WORT, der Verwertungsgesellschaft, von der die Rechte erworben werden müssen, sind schon im Gange. Auch beim Frankfurter Institut für Sonderpädagogik, wo man sich mit Alphabetisierung befasst, zeigt man schon ein gewisses Interesse.
Der Ansatz, mit Freiwilligen zu arbeiten, kann oder besser muß und wird angesichts der leeren öffentlichen Kassen auch in Deutschland immer mehr Anhänger finden. In Bayern fand am 24. Oktober der 1. Tag der Freiwilligen statt. Bayernweit ist nach den Worten der zuständigen Ministerin Christa Stewens fast ein Drittel der Bevölkerung freiwillig engagiert; rund 3,7 Millionen Bürgerinnen und Bürger leisten die etwa 75 Millionen Stunden monatlich ab.
Und ehrenamtliches „Vorlesen“ vor anwesendem Publikum ist eine Aktion, die in diesem Jahr mit großer Aufmerksamkeit unter der Schirmherrschaft von Doris-Schröder-Köpf begonnen hat; Vorlesen am Mikrofon für ein lernwilliges Publikum andernorts dürfte dann auch eine lösbare Aufgabe sein.
Mit der Probe aufs Exempel beginnt jetzt eine Internetseite. „Anders lesen und lernen“ will die Ansätze sammeln, seine Vertreter zusammenführen und … zum anders lesen und lernen verführen.


Weitere Infos unter:
Anders lesen und lernen e.V.
http://www.anderslesenundlernen.de
www.alul.de
info@alul.de