LINK: F.A.Z Artikel von Georg Meck
Drei Dinge zählen im Leben des Ferdinand Piëch: Volkswagen, Familie, Geld. In dieser Reihenfolge. So bekennt er es selbst. Insofern muss man ihn sich als glücklichen Menschen vorstellen, denn diese drei Dinge verbinden sich nun aufs trefflichste. Der Europäische Gerichtshof hat am Dienstag das VW-Gesetz kassiert. Damit ist der Weg für die Familie Porsche-Piëch frei, VW zu übernehmen. „Das ist der Triumph des Ferdinand Piëch“, sagt Daniell Porsche, Urenkel des Käfer-Konstrukteurs Ferdinand Porsche und Neffe Piëchs. Der VW-Coup sei federführend das Werk des Onkels, des ehemaligen VW-Vorstandsvorsitzenden und heutigen Aufsichtsratschefs Piëch.
Der Machttechniker Piëch, mit einer bis zur Brutalität reichenden Schärfe ausgestattet, schafft so Europas größten Autokonzern: einen Giganten mit mehr als 100 Milliarden Euro Umsatz, mit deutlich mehr als 300.000 Beschäftigten und einem halben Dutzend Marken. Zu VW gesellen sich Audi, Seat, Škoda, Bentley, Bugatti, Lamborghini sowie Porsche. Und da der Patriarch dabei ist, Volkswagens Lastwagen-Sparte mit MAN und Scania zu fusionieren, entsteht voraussichtlich auch noch Europas Marktführer bei den Nutzfahrzeugen. Der größte Autohändler Europas, die Porsche-Holding mit Sitz in Salzburg, gehört der Familie eh schon. Zu 100 Prozent.
Alles wird seins
Alles wird nun eins. Und alles wird seins. Ferdinand Piëch, ebenso bewundert wie gefürchtet, macht sich unsterblich. Ein Industrieller, der jeden Maßstab sprengt. Wann hat man Vergleichbares erlebt? Dass ein angestellter Manager – nichts anderes war Piëch in seinen aktiven VW-Jahren – einen Weltkonzern Zug um Zug unter die Kontrolle seiner Familie bringt? Noch dazu ein Unternehmen, bei dessen Gründung der eigene Großvater Pate gestanden hat? Und der damals auf Geheiß Adolf Hitlers den VW-Käfer entwickelt hatte? Ein großer Stoff, eine verwegene Geschichte. Der Großvater Ferdinand Porsche, ein „unpolitischer Mensch“, wie Piëch sagt, habe sich nach den politischen Verhältnissen ausgerichtet: „Er konnte die Herrschenden dafür gewinnen, etwas zu tun, was er gern hätte.“
Zwei Kinder hat der Autopionier: Sohn Ferry Porsche und Tochter Louise, die den Wiener Anwalt Anton Piëch heiratet und mit ihm vier Kinder großzieht. Ferdinand wächst in der Gegend um Salzburg auf. Als Kind erwägt er, „im Hotelberuf glücklich zu werden“. „Dagegen sprach mein verheerendes Antitalent für Fremdsprachen, was vielleicht mit Legasthenie zu tun hat.“
„Elitär, schlicht und streng“
Der Lehrer empfiehlt eine handwerkliche Lehre, nachdem ihn ein „Ungenügend“ in Englisch zum Sitzenbleiben verurteilt. Die Mutter lässt sich nicht beiirren und steckt Ferdinand in das Lyceum Alpinum in Zuoz im Oberengadin, „ein typisches Abhärtungsinstitut“, wie Piëch sich erinnert: „Elitär, schlicht und streng.“ Es folgt ein Maschinenbaustudium in Zürich und eine imposante Karriere mit den Autos; Porsche, Audi, Volkswagen.
70 Jahre ist der Industrielle jetzt alt, den runden Geburtstag hat er Mitte April mit großem Brimborium in der Wolfsburger Autostadt gefeiert, frisch ausgestattet mit einem neuen Vertrag als VW-Aufsichtsratsvorsitzender. Nie war seine Macht vollkommener. Gescheitert sind alle Versuche von internen Gegnern, von Investoren oder aus der Politik, ihn aus dem Konzern zu drängen. Schadlos hat Piëch die VW-Affäre überstanden, den Skandal um Lustreisen zur Bestechung von Betriebsräten. Abgemeldet sind alle, die es gewagt hatten, sich seiner Mission zu widersetzen.
„Ein unheimlich fleißiger Mensch“
Den Vorsitz im Aufsichtsrat der neuen Porsche Automobil Holding, welche die VW-Beteiligung steuert, überlässt Piëch seinem Cousin Wolfgang Porsche, dem Oberhaupt des zweiten Zweigs der Familie. Die Porsches tasten sich gerade an den Übergang von der dritten zur vierten Generation heran, unter den Piëchs ist niemand zu erkennen, der Ferdinand Piëch ablösen könnte. Es sei undenkbar, dass er zu Lebzeiten einen ebenbürtigen Nachfolger einsetzt, heißt es im Clan, „schon weil es niemanden gibt, der ihm auf seinem Gebiet das Wasser reichen kann“.
Zudem ist der Familie ein Ferdinand Piëch als Pensionär nicht vorstellbar. „Bei dem schaut die Rente anders aus, die gibt es erst, wenn es ihn nicht mehr gibt. Er ist einfach ein unheimlich fleißiger Mensch“, sagt Daniell Porsche. „Mag auch sein, dass er nicht loslassen kann. Dass er diesen Sieg, diesen Triumph, diesen Ruhm braucht.“
LINK: F.A.Z Artikel von Georg Meck